»Honi soit, qui mal y pense! —
Beschämt sei, wer schlecht darüber denkt!«Edward III von England (1312 – 1377).
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Begleitung
Die Angst, in sexueller Hinsicht nicht zu „genügen“, kann die Verwirklichung partnerschaftlicher Beziehungswünsche und damit immer auch die Erfüllung psychosozialer Grundbedürfnisse in Sexualbeziehungen verhindern bzw. verunmöglichen.
Die Aufnahme sexueller Beziehungen kann erschwert sein, weil (vor allem bei Männern) Selbstzweifel und Versagensängste bezüglich der eigenen sexuellen Zulänglichkeit und „Potenz“ zu stark ausgeprägt sind. So kann es zu einer leidvoll erlebten Kontakt-, Partner- und Beziehungslosigkeit kommen (Sad Singles, Ahlers & Lissek, 2015), was die Betroffenen als zusätzliche Stigmatisierung empfinden können.
Viele Betroffene haben dysfunktionale, weil angstauslösende Vorstellungen von Sexualität. Sie erkennen beispielsweise Pornografie nicht als Fiktion (Sexual Fiction / Sexual Entertainment; Ahlers & Lissek, 2015), sondern missinterpretieren Pornografie als idealtypische Form von Sexualität und denken: „Der Mann muss einen großen Penis haben, der immer steif ist und solange steif bleibt, bis er damit die Frau von vorne und von hinten befriedigt hat – Dann ist es guter Sex!“. Dieses Konzept von Porno-Posing und Koital-Akrobatik (Ahlers & Lissek, 2015) macht daher gerade bei Männern enormen sexuellen Leistungsdruck.
Die Betroffenen haben sexuellen Leistungsdruck so stark verinnerlicht, dass sie befürchteten, in sexueller Hinsicht zu „versagen“ und nicht zu „genügen“ und vermeiden deshalb Kontakte und Bekanntschaften, aus denen „mehr werden könnte“. Wer glaubt, unbedingt „seinen Mann stehen und eine Partnerin finden und befriedigen zu müssen“, der bleibt genau dadurch oft allein, „Weil nur sein kann, was nicht sein muss!“ (Ahlers & Schaefer, 2018). Von diesem Paradoxon können viele (unfreiwillige) Sad Singles ein leidvolles Lied singen. Solche Denkmuster als belastende Fehlvorstellungen zu entlarven, ist bereits Teil der Akzeptanz- und Zugeständnis- Sexualtherapie (Ahlers & Schaefer, 2020).
Solche Soziosexuellen Selbstsicherheits-Störungen (Fahrner 2003) gehen weit über das Ausmaß allgemeiner (d.h., überwindbarer) „Schüchternheit gegenüber dem anderen Geschlecht“ hinaus und können ein Grund dafür sein, dass Betroffene entgegen ihrer Wünsche niemals sexuelle Kontakte und Beziehungen erleben (Absolute Beginners) oder zumindest ungewollt über lange Zeiträume sexuell kontaktlos und partnerschaftlich ungebunden bleiben. Leidvoll erlebte Partnerlosigkeit (Sad Singles) erscheint vor diesem Hintergrund als wahrscheinlich oft verkannte und vernachlässigte Problematik in der Klinischen Psychologie bzw. Psychotherapie.
Genau hier setzt das Angebot der Sexualbegleitung im Rahmen einer Akzeptanz- und Zugeständnis- Sexualtherapie an, das als Surrogat-Partnerinnen-Therapie bezeichnet wird. Es richtet sich an Menschen, die aufgrund sexueller Versagensängste unter sexueller Kontakt- und Partnerlosigkeit leiden. Bei einer Surrogat-Partnerinnen-Therapie üben die Betroffenen, sexuelle Begegnung mit Angstfreiheit und Entspannung zu verbinden – also mit etwas Angenehmem, Druckfreiem.
Die Annäherung läuft zunächst in der Sexualtherapie in Gedanken ab. Später kann das Gelernte in echten Begegnungen ausprobiert werden. Hier kommt die Surrogat-Partnerin ins Spiel. Sie ist eine Frau, die eine spezielle Weiterbildung in körperlicher, sexueller Begleitung und Unterstützung absolviert hat. Sie hilft den Betroffenen, die Erfahrungen aus der psychotherapeutischen Arbeit (Sexualtherapie) körperlich selbst zu erfahren.
Eine Sexualbegleitung im Sinne einer Surrogat-Partnerinnen-Therapie findet immer in einem therapeutischen Dreieck statt: Sexualtherapeut, Patient und Surrogat-Partnerin. Es bleibt nicht dabei, die Dinge im Rahmen der Psychotherapie zu reflektieren und angstauslösende Fehlvorstellungen zu relativieren und ggf. zu revidieren, sondern das veränderte Denken mit realen Erfahrungen mit einem anderen Menschen körperlich zu erleben.
Dazu gehören zunächst Gespräche, dann körperliche Nähe in Form von sozialem Körperkontakt, wie nebeneinander sitzen, Arm umlegen, Handhalten. Erst danach kommt schrittweise Entkleidung (ggf. bis zur Nacktheit), später dann Berührungen, Streicheln und Zärtlichkeit.
Erotik und Erregung können in den Begegnungen aufkommen (weil und wenn die Angst nachlässt), sie sind aber nicht das Ziel der therapeutischen Begegnungen mit der Surrogat-Partnerin. Im Gegenteil wird konsequent auf Stimulation und Orgasmus-Produktion verzichtet, um den Betroffenen dadurch zu ermöglichen, sexuellen Körperkontakt angstfrei, druckfrei, absichts- und erwartungslos und nicht ziel- und ergebnisorientiert erleben zu können. Es geht um das Bedürfnis, auch körperlich berührt und angenommen zu werden, ohne in sexueller Hinischt irgendetwas können, bringen, draufhaben oder besorgen zu müssen. Das Motto lautet: „Sex ist die intimste Form von Kommunikation“ (Ahlers & Lissek, 2015).
Es ist ein bisschen wie Schwimmunterricht: Man kann die Schwimmbewegungen theoretisch begreifen und am Beckenrand üben, aber im Wasser ist es kalt und nass und die alten Ängste kommen wieder. Da hilft es, wenn bei den ersten Schwimmversuchen nicht nur ein Bademeister am Beckenrand steht (der Psychotherapeut), sondern auch ein Schwimmtrainer mit im Wasser ist, das ist die Surrogat-Partnerin.
Die Begründer der Klassischen Sexualtherapie, William Masters und Virginia Johnson, entwickelten das Konzept der Surrogat-Partnerinnen-Therapie bereits in den 1960er Jahren des 20. Jh. In der medialen Berichterstattung wurde das Thema allerdings in aller Regel falsch dargestellt: In einer Surrogat-Partnerinnen-Therapie geht es nicht um sexuelle Erregung! Es geht nicht darum, sexuelle Stimulation zu provozieren und Orgasmen zu produzieren – das gibt es im Rahmen von Prostitution und ist meist ohnehin nicht das Problem. Die Betroffenen lernen vielmehr, dass man mit einem anderen Menschen nackt und intim sein kann, ohne dabei etwas können, bringen und drauf haben und anstreben zu müssen.
Das bewirkt eine leibliche Erfahrung von Entspannung und Wohlgefühl im Kontext von Sexualität, weil nichts geleistet werden muss. Sexuelle Erregung kann dabei entstehen und vergehen, wird aber nicht angestrebt, zielgerichtet herbeigeführt oder gar bis zu einem Erregungshöhepunkt gesteigert und ist vor allem nicht das Ziel einer Surrogat-Partnerinnen-Therapie.
Das Angebot richtet sich ausschließlich an Personen, die alleinstehend bzw. partnerschaftlich ungebunden sind!
Für Personen mit körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen bzw. Behinderungen sowie Personen in sehr fortgeschrittenem Lebensalter (Geriatrie) sind unere Angebote nicht geeignet. Hier empfehlen sich Angebote der sogenannten „Sexual-Assitenz“.