»Gute Beratung kostet ein Honorar —
schlechte ein Vermögen.«

Beratung

Typische Anlässe für eine paar- und sexualpsychologische Beratung sind  partnerschaftliche Krisen und / oder Sexuelle Beziehungsstörungen (Ahlers & Schäfer, 2022a), die aufgrund von Entfremdungen, Enttäuschungen, Entzweiung oder Vertrauensbrüchen zustande kommen.

Ein häufiger Grund für Beratungsbedarf besteht in der Erosion der Sexualbeziehung innerhalb von Partnerschaften: Zwei Personen sind zwar ein Paar, aber die Beziehung wird nicht (mehr) geführt, sondern ist einfach nur vorhanden, wodurch auch die sexuelle Beziehung in Mitleidenschaft gezogen ist und vergeht.

Weitere Anlässe können beispielsweise übermäßiger Pornographie-Konsum bei der sexuellen Selbstbetätigung sein, sexuelle Außenbetätigungen wie Prostitutionskontakte, Seitensprünge bzw. sexuelle Affären sowie sexuelle Außen- bzw. Parallelbeziehungen (er oder sie hat eine(n) Geliebte(n)). Mitunter fühlt sich derjenige, der sich in der sexuellen Außenbetätigung ergangen hat, suchthaft unter Druck (sog. Hypersexualität / Sexsucht) und durch sein eigenes Treiben ausgelaugt und erschöpft (One-Night-Stand-Burn-Out: Ahlers 2004, in: Loewit, Beier, Ahlers Pauls, 2004). Öfter entsteht der Beratungsbedarf allerdings durch die Aufdeckung der sexuellen Außenbetätigung durch die Partnerin oder den Partner („Fremdgehen / Betrug“).
Häufig wird dieses Geschehen begleitet von nachlassendem oder abhandenem Verlagen nach sexueller Interaktion mit dem einen Partner („Keine Lust auf Sex“, sog. Appetenz-Diskrepanz; Ahlers & Lissek, 2015). Genau so kann es auch um Entäuschungszustände und Vertrauenskrisen durch unerfüllte Kinderwünsche gehen, etwa dann, wenn ein bestehender Kinderwunsch von einem der beiden Partner nicht geteilt wird oder sich ein Kinderwunsch (ob mit oder ohne Kinderwunschbehandlung) nicht erfüllt.

All diese Umstände führen in der Regel zu Beziehungs-Dysstress (Ahlers & Schäfer, 2020), der eine Beeinträchtigung der partnerschaftlich-sexuellen Beziehungszufriedenheit bedeutet, und damit eine Belastung der physischen, psychischen und sozialen Gesundheit und der allgemeinen Lebensqualität.

Ziel einer Paar- und Sexualberatung ist die Klärung der konfliktauslösenden Umstände und das Gewinnen von Transparenz bezüglich der Problemsituation. Häufig geht es zunächst um Informationsvermittlung und Aufklärung bezüglich der partnerschaftlichen und sexuellen Beziehungsproblematik und -dynamik und das Aufzeigen und gemeinsame Erarbeiten von Umgangsmöglichkeiten und mögliche partnerschaftliche Perspektiven. All diese Konflikte und Erschütterungen können im Rahmen einer paar- und sexualpsychologischen Beratung erörtert, bearbeitet und geklärt werden, sofern bei beiden Partnern die Bereitschaft zu einer Paarpsychologischen Beziehungsklärung (Ahlers & Schäfer, 2018) gegeben ist, durch welche sich herausstellen kann, ob eine Fortsetzung der partnerschaftlichen Sexualbeziehung beiderseits möglich und gewünscht ist oder nicht.

In diesem Prozess kann das Paar für sich herausfinden, ob, und wenn, was beide Partner (noch) mit- und voneinander wollen. Es werden die Fragen geklärt: Was eint und was entzweit uns? Was bindet und was trennt uns? Ergebnis einer Paarpsychologische Beziehungsklärung ist damit nicht ein garantiertes Happy End („There is no Honeymoon-Guaranty!“), sondern konsequente Transparenz: „Es kommt dabei heraus, was sich darin befindet!“ (Ahlers & Schäfer, 2018).
Die gesamte Paar- bzw. Sexualberatung steht unter konsequenter Bewertungs-Abstinenz (Ahlers & Lissek, 2015): Es geht darum, die Dinge zu erkennen und zu benennen, die Dinge zu beschreiben und nicht zu bewerten. „Denn nur, was Wort wird, kann auch Werk werden“ (Ahlers & Schäfer, 2018).

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Legende

„Ho mä dareis Anthroposoph ou paideuetai“ Der Sinnspruch des griechischen Dramatikers Menander. ΓΝΩΜΑΙ ΜΟΝΟΣΤΙΧΟΙ (422 bis ~ 300 v. Ch.) entstand als Kontradiktion zur in seiner Zeit aufkommenden Geisteshaltung und Lebenseinstellung des Hedonismus (von altgriechisch ἡδονή / hēdonḗ; Aristippos von Kyrene, 435 bis ~ 355 v. Ch.), welche sich dem Vermeiden von Schmerz, Leid und Widerstand, und stattdessen dem Anstreben von Lust, Glück und Freude als Sinn des Lebens verschrieben hatte. Menander benennt mit seinem Sinnspruch die Erkenntnis, dass allein aus dem Durchleben und Überwinden leidvoller und schmerzhafter Erlebnisse und Erfahrung eine Persönlichkeits-Entwicklung im Sinne einer Reifung des Charakters entsteht und nicht (vornehmlich) aus der Vermeidung von Schmerz und dem Streben nach und dem Erleben von Lust, Glück und Freude. Mit „erzogen“ ist hier Persönlichkeitsentwicklung im Sinne einer Charakterbildung gemeint und nicht pädagogische Methodik.

Quellen:
Johann Wolfgang von Goethe: Aus meinem Leben – Dichtung und Wahrheit. Cotta, Stuttgart u. Tübingen, 1811-1814. Arthur Schopenhauer: Alles Leben ist Leiden. Die Welt als Wille und Vorstellung, 1819. Victor E. Frankl: Der leidende Mensch. Anthropologische Grundlagen der Psychotherapie. Huber: Bern, 1975.

Überlieferungen der Inschriften am Portalfries des Tempels von Delphi (~548 v. Ch.):

Νίψον ἀνομήματα μὴ μόναν ὄψιν / nipson anomēmata mē monan opsin. Deutsch: „Wasch‘ auch deine Seele – wasch‘ nicht nur dein Gesicht!“ Auf Griechisch stellt dieser Sinnspruch zu allem Überfluss auch noch ein Palindrom dar! Das bedeutet, dass der Sinnspruch in Großbuchstaben ΝΙΨΟΝ ΑΝΟΜΗΜΑΤΑ ΜΗ ΜΟΝΑΝ ΟΨΙΝ ebenso von vorne wie von hinten gelesen werden kann und rückwärts wie vorwärts gelesen den selben Sinn ergibt! Der Sinnspruch fand später auf griechischen Taufbecken Verwendung (z.B. am Quellbrunnen im Kloster Preveli und bei Serres) und befindet sich auch am Taufbecken der Hagia Sophia. Die Existenz der Inschriften am Portalfries des Tempels von Delphi ist nicht durch archäologische Funde, sondern aus schriftlichen Überlieferungen gesichert. So lässt z.B. Platon im Phaidros und primär im Symposion den griechischen Philosophen Sokrates über die Bedeutung dieser Inschriften referieren. Darüber hinaus korrespondiert die Überlieferung inhaltlich stark mit der ziemlich gesicherten Schilderung, dass am Eingang des Tempels von Delphi darüber hinaus links und rechts des Portales die vertikalen Inschriften „gnôthi seautón“ (Erkenne dich selbst!) sowie „medèn ágan“ (Alles in Maßen!), angebracht gewesen sein sollen. Alle drei Sinnsprüche charakterisieren die Qualität der Weissagungen der Tempelpriesterin Pythia, nämlich die Auflösung innerer wie äußerer Konflikte und Probleme durch die Auseinandersetzung mit der eigenen Person. Die Erkenntnis der eigenen Innenwelt diente damit als Zugang zur Konfliktlösung und Problembewältigung auch in und mit der Außenwelt. So bilden diese Sinnsprüche aus dem 5. Jahrhundert vor Christus die programmatische und bis heute unverändert gültige Grundlage der Klinischen Psychologie und, in der angewandten Form, der Psychologischen Therapie bzw. Psychotherapie.